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Peritonitis zu spät behandelt: 219.214,19 Euro

17.02.2020

Der 1955 geborene Selbständige wurde wegen eines Dickdarmileus (Verschluss des Dickdarms) operiert. Während der Operation zeigte sich, dass ein Colonkarzinom (Tumor im Dickdarm) den Dickdarm verschloss. Die Ärzte fanden Einrisse in der Zökalwand (Anfangsteil des Dickdarms). Nach der ersten Operation, in welcher der Tumor aus dem Dickdarm entfernt wurde, musste der Mandant wegen lebensgefährlicher postoperativer Komplikationen noch viermal nachoperiert werden. Es kam zur Blutvergiftung mit Nierenversagen und einem akuten Lungenversagen. Der Mandant erhielt einen künstlichen Darm- und einen künstlichen Urinausgang. Er konnte erst nach zwei Monaten stationärer Behandlung entlassen werden und ist seitdem gesundheitlich erheblich angeschlagen.

Ich hatte den Ärzten des Krankenhauses mit zwei Gutachten vorgeworfen, die medizinisch zwingend notwendige Erstoperation grob fehlerhaft einen Tag verspätet durchgeführt zu haben.

Bereits einen Tag vor der OP habe sich in der Computertomographie ein Stuhlverhalt von mindestens 3 - 5 Tagen dargestellt. Bei der klinischen Untersuchung sei der Bauch gebläht gewesen. Der Mandant habe einen Druckschmerz über allen vier Quadranten seines Bauches angegeben. In der CT habe sich das Bild eines Ileus mit Aufweitung der Dünndarm- und Dickdarmschlingen sowie eines Tumors gezeigt. Damit habe die Diagnose eines mechanischen Dickdarmverschlusses durch den bösartigen Tumor eindeutig festgestanden. Es handele sich um einen klassischen Notfall der Bauchchirurgie, der sofort operiert werden müsse. Bei einer Verzögerung der Operation steige das postoperative Risiko für ein Lungen- und Nierenversagen. Es habe eine nicht mehr verständliche Behandlungsverzögerung von 26 Stunden vorgelegen, die objektiv nicht mehr vertretbar gewesen sei. Wäre der Mandant einen Tag früher operiert worden, wäre sein Darm nicht perforiert. Es wäre nicht zu den schweren, lebensbedrohlichen Folgen mit vier Nachoperationen gekommen.

Seit dem Behandlungsfehler leidet der Mandant unter Trägheit, Kraftlosigkeit, Müdigkeit, fehlender Vitalität. Aufgrund des Dünndarmsyndroms benötigt er regelmäßig eine Toilette und kann körperliche Anstrengungen wie Radfahren und lange Spaziergänge nicht mehr absolvieren. Er kann keine Nacht durchschlafen, da er alle zwei bis drei Stunden abführen muss und seinen Stuhlgang nicht mehr halten kann. Er leidet unter ständigem Durchfall. Die rechte Niere arbeitet nur noch zu 30 %, die linke Niere zu 70 %.

Wegen der erheblichen Folgen des groben Behandlungsfehlers habe ich unter Verweis auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom 21.11.2014 (AZ: 26 U 80/13) ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 90.000 Euro geltend gemacht. Diesen Betrag hat die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses akzeptiert.

In weiteren Verhandlungen habe ich einen Haushaltsführungsschaden für Vergangenheit und Zukunft in Höhe von 125.214,19 Euro vereinbart. Hinzu kamen materielle Schäden von 5.000 Euro. Ein Verdienstschaden war nicht entstanden, weil der Mandant zum Zeitpunkt des groben Behandlungsfehlers nicht mehr gearbeitet hat. Beim Haushaltsführungsschaden bestand erheblicher Streit zur Höhe des Stundenlohnes, der haushaltsspezifischen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdH) und bei den Kapitalisierungsfragen.

Nach langen Verhandlungen habe ich mich mit der Versicherung auf eine MdH von 50 % geeinigt und die Ansprüche mit einem Zinsfuß von 3 % kapitalisiert. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Haushaltsführungsschaden bis zum Lebensende zu kapitalisieren. Eine Begrenzung - wie von den Versicherungen gefordert - nur bis zum 75. Lebensjahr scheidet aus (OLG Rostock, Urteil vom 14.06.2002, AZ: 8 U 79/2000; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.09.2006, AZ: 1 W 53/06; OLG Köln, Beschluss vom 19.11.2012, AZ: 19 U 125/12).

Die Haftpflichtversicherung hat meine kompletten Gebühren für die außergerichtliche Vertretung übernommen.

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht

 
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