Fehlende Thrombose-Prophylaxe: 12.000 Euro
08.10.2025
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Mit gerichtlichem Vergleich vom 13.01.2025 hat sich ein Krankenhaus verpflichtet, an meinen Mandanten 12.000 Euro sowie eine 2,0-Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Interessensvertretung zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zur endgültigen Abfindung zu zahlen. Der 1965 geborene Kläger erlitt bei einem Sturz eine großflächige Ablederungsverletzung am rechten Oberarm und musste während insgesamt vier stationärer Aufenthalte an dem Arm mit Spalthaut operiert werden. Während der gesamten vier Krankenhausaufenthalte erhielt der Mandant keine Thrombose-Prophylaxe. Nach Entlassung aus der stationären Behandlung kam es zu einer tiefen Beinvenenthrombose rechts mit kausaler Lungenembolie. Ich hatte dem Krankenhaus vorgeworfen, während der vier Krankenhausaufenthalte keine Thrombose-Prophylaxe durchgeführt zu haben. Der Mandant habe sich zudem nach Entlassung aus stationärer Behandlung bei einem Oberarzt des Krankenhauses wegen zunehmender Schmerzen im rechten Ober- und Unterschenkel seit zwei Tagen vorgestellt. Dieser habe ihm lediglich zwei Clexane-Spritzen 0,8 mg mitgegeben. Die verordneten Kompressionsstrümpfe der Klasse II seien nicht ausreichend gewesen. Hierdurch habe sich eine zentrale Lungenembolie beidseits ausbilden können. Der Mandant habe fünf Tage intensivmedizinisch behandelt werden müssen. Eine unterlassene Thrombose-Prophylaxe stelle einen groben Behandlungsfehler dar (LG Potsdam, Urteil vom 05.05.2011, AZ: 11 O 187/08; OLG Hamm, Urteil vom 09.05.2001, AZ: 3 U 250/99; OLG Naumburg, Urteil vom 25.03.2022, MedR 2002, 471). Nachdem der gerichtliche Sachverständige einen Behandlungsfehler verneint hatte, habe ich ein Privatgutachten bei einem Facharzt für Allgemein-, spezielle Viszeral- und Gefäßchirurgie in Auftrag gegeben. Dieser hatte ausgeführt: Es sei falsch, das nur eine komplette Bettlägerigkeit eines Patienten eine Indikation zur Thrombose-Prophylaxe darstellen würde, sondern bereits eine reduzierte Mobilisierung. Der Faktor Adipositas sei bei dem Mandanten ebenfalls außer Acht gelassen worden. Die Anlage eines Druckverbandes im Oberschenkelbereich, in dem die Spalthaut entnommen worden sei, stelle ebenfalls aus gefäßmedizinischer Sicht ein Risiko für eine Thrombose dar (Virchow Trias). Zudem sei die Mitgabe der beiden Thrombosespritzen mit Clexane 0,8 mg bei dem Körpergewicht des Mandanten von über 90 kg unterdosiert. Ein Patient mit einem vergleichbaren Krankheitsbild wäre in seiner Klinik sofort mit einer medikamentösen Thrombose-Prophylaxe bei mittlerem Risiko bei allen stationären Aufenthalten behandelt worden. Nur sehr wenige Patienten würden von einer medikamentösen Thrombose-Prophylaxe mit NMH ausgenommen. Auch der gerichtliche Sachverständige bestätigte im Termin, es sei fehlerhaft gewesen, dem Patienten lediglich zwei Thrombose-Spritzen mitzugeben. Ein verzögertes Anlegen des Thrombosestrumpfes könne den Verlauf ungünstig beeinflussen. Gerade weil die Thrombose im Oberschenkelbereich aufgetreten sei, habe eine erhöhte Gefahr im Hinblick auf eine Lungenarterienembolie bestanden. Der Patient hätte dringend darauf hingewiesen werden müssen, dass er sich umgehend einen Thrombosestrumpf besorgen müsse. Wenn dies nicht geschehen sei, sei dies für ihn völlig unverständlich. Habe der Patient über Luftnot geklagt, hätte man ihn sofort mit einer i.v. Re-Heparinisierung behandeln müssen. Er hätte sofort stationär aufgenommen werden müssen. Man hätte sofort eine CT fertigen müssen. Dann wäre das Ausmaß der Lungenembolie geringer gewesen. Zur weiteren Vermeidung einer umfangreichen Beweisaufnahme zu den Spätfolgen der Lungenembolie haben sich die Parteien auf den Betrag in Höhe von 12.000 Euro nach richterlichem Hinweis geeinigt. (LG Bochum, Vergleichsbeschluss vom 13.01.2025, AZ: I-6 O 200/21) |