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Zahnimplantate falsch gesetzt: 4.000 Euro

27.01.2021

Nach Extraktion mehrerer Zähne im Unterkiefer setzte der Chirurg der 1962 geborenen Angestellten zwei Zahnimplantate in Regio 32 und in Regio 41. Nach Einheilung der Implantate versuchten Zahnärzte erfolglos, eine neue Totalprothese im Ober- und im Unterkiefer zu erstellen. In der Behandlungsdokumentation der Folgebehandler ergab sich der Eintrag: "Alio loco inserierte Implantate können wegen ihrer falschen Lokalisation nicht zur Unterstützung der totalen UK-Prothese herangezogen werden".

Ich hatte dem MKG-Chirurgen vorgeworfen, die Implantate in den Regiones 32 und 41 zu eng gesetzt zu haben. Beide Implantate seien zu weit ins Vestibulum inseriert worden. Sie hätten in andere Regiones gesetzt werden müssen. Wenn der Beklagte behaupte, es habe wegen des extremen Knochenabbaus im Unterkiefer keine andere Möglichkeit bestanden, vier Implantate zu setzen, so hätte er diese zwei Implantate nicht setzen dürfen, weil bereits präoperativ das Erfordernis einer Augmentation erkennbar gewesen wäre.

Der gerichtliche Sachverständige hatte bestätigt: Die Implantate 32 und 41 wiesen eine starke Ventralkippung auf, linguale Anteile der Implantate befänden sich nicht intraossär. Durch diese Positionierung sei das Implantat-Abutment-Interface nach ventral gekippt. Es sei eindeutig von einer Fehlpositionierung der Implantate auszugehen. Warum im konkreten Fall diese ungewöhnliche Implantatspositionierung gewählt worden sei, erschließe sich nicht. Die postoperativen Komplikationen mit multiplen Entzündungen und Beschwerden resultierten aus der fehlerhaften Implantats-Positionierung. Die von der Klägerin geschilderten Beschwerden seien kausal auf den Behandlungsfehler zurückzuführen. Die Zukunftsprognose der Implantate sei schlecht.

Das Landgericht hat entschieden: Der Beklagte habe die eingebrachten Implantate in fehlerhafter Implantationsrichtung und in einer fehlerhaften Lage positioniert. Es seien keine Gründe erkennbar, warum diese ungewöhnliche Implantatspositionierung gewählt worden sei. Der Chirurg hätte bereits intraoperativ den Achsenfehler erkennen können und müssen.

Er hätte der Mandantin raten müssen, die Implantate zeitnah wieder zu entfernen. Sei das Implantat erst einmal festgewachsen, entstünden große Schwierigkeiten bei der Explantation. Eine dauerhafte, erfolgreiche und entzündungsfreie Versorgung der Klägerin mit Zahnersatz sei mit den eingebrachten Implantaten nicht möglich. Die Implantate könnten nicht belassen werden, weil durch ihre Fehlstellung und die nicht vollständige Einbringung in den Unterkieferknochen Komplikationen auftreten würden.

Bei der Höhe des Schmerzensgeldes in Höhe von 4.000 Euro sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin seit fast fünf Jahren unter den von ihr behaupteten und vom Gutachter für plausibel erachteten Schmerzen und Entzündungen leide. Es sei zurzeit unklar, auf welche Weise für die Klägerin ein funktionierender Zahnersatz erreicht werden könne. Die Entfernung der eingebrachten Implantate sei mit erheblichen Risiken verbunden. Die anwaltlichen Gebühren seien mit einer 2,0-Geschäftsgebühr zu übernehmen.

(Landgericht Dortmund, Urteil vom 22.12.2020, AZ: 12 O 402/18)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht & Verkehrsrecht

 
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