Tod nach Herzkatheter: 10.000 Euro
08.08.2025
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Mit Vergleich vom 15.05.2025 hat sich ein Krankenhaus verpflichtet, an meine Mandantin als Tochter der verstorbenen Patientin einen Betrag von 10.000 Euro zu zahlen. Das Krankenhaus hat sich auch verpflichtet, meine außergerichtlichen Anwaltsgebühren zu übernehmen (2,0-Geschäftsgebühr aus dem Wert von 10.000 Euro).
Die 1936 geborene Mutter der Mandantin wurde wegen Vorhofflimmerns stationär aufgenommen. Im Beisein der Tochter erfolgte eine Aufklärung über eine geplante Rechts-/Links-Herzkatheter-Untersuchung. Auf Nachfrage zur Indikation wurde mitgeteilt: Man wolle Interferenzen messen, um auszuschließen, dass beim Setzen eines Mitralclips Jahre zuvor eine Stenose verursacht worden sei. Man müsse möglicherweise einen zweiten Mitralclip setzen. Vor der Untersuchung bekam die Patientin schlecht Luft, war sehr schwach. Der Hb-Wert lag bei 8,3 g/dl. Die Patientin wurde informiert, trotz des schlechten Zustandes solle die Herzkatheter-Untersuchung durchgeführt werden.
Nach der Herzkatheter-Untersuchung wurde der Mandantin mitgeteilt, der Hb-Wert sei bei ihrer Mutter auf 6,2 g/dl während der Untersuchung gefallen. Es zeigte sich in der Folgezeit eine Verletzung des Gefäßes in der rechten Leistenvene (Vene femoralis). Die venöse Punktionsstelle wurde durch Anlage eines Druckverbandes komprimiert. In der Folgezeit verschlechterte sich der Zustand weiter. Erst nach mehreren Stunden stellte sich der Chirurg am Bett der Patientin vor. Auf Nachfrage zu den Erfolgsaussichten berichtete dieser, er könne keine Aussage treffen. Die anwesende Anästhesistin äußerte jedoch, die Patientin würde nicht einmal die Narkose überleben. Wenn doch, bliebe sie ein Pflegefall. Aufgrund der vorhandenen Patientenverfügung wurden keine weiteren Maßnahmen eingeleitet. Die Patientin verstarb Stunden später und wurde obduziert. Der Gerichtsmediziner kam zu Ergebnis, dass todesursächlich ein hämorrhagischer Schock gewesen sei. Es zeigte sich ein schlitzförmiger Wanddefekt in der rechten Leistenvene, die Leistenarterie rechts sei nicht punktionsverletzt.
Die Mandantin hat den Ärzten vorgeworfen, trotz des schlechten gesundheitlichen Zustandes ihrer Mutter zu einer Recht-/Links-Herzkatheter-Untersuchung geraten zu haben. Die Rechts-/Links-Herzkatheter-Untersuchung sei fehlerhaft durchgeführt worden. Anschließend habe man zu spät auf den Defekt reagiert.
Der gerichtliche Sachverständige hatte ausgeführt: Zwar sei es sinnvoll gewesen, die Untersuchung der Herzklappen durchzuführen. Es habe sich sowohl bei der Mitralklappe als auch bei der rechten Herzklappe eine Insuffizienz ergeben, die zu Wassereinlagerungen in der Lunge geführt habe. Es sei darum gegangen, die Lebensqualität durch einen solchen möglichen Eingriff zu verbessern. Ohne diesen Eingriff mit der vorhandenen Luftnot sinke die Lebenswahrscheinlichkeit unter ein Jahr, wenn die gesundheitlichen Probleme dazu führten, dass drei oder mehr Krankenhausaufenthalte im Jahr erforderlich würden. Man hätte jedoch die Patientin darauf hinweisen müssen, dass der ins Auge gefasste Eingriff dazu in der Lage war, die Lebenszeit erheblich zu verlängern und die Lebensqualität zu verbessern. Auf der anderen Seite hätte man ihr mitteilen müssen, dass das Problem der Wassereinlagerungen sonst fortbestehen würde.
Allerdings: Es habe sich nur um eine Voruntersuchung für die anstehende Haupt-OP gehandelt. Diese Durchführung des Clipverfahrens stelle einen Hochrisikoeingriff dar. Nur die vorgeschaltete Diagnostik sei noch nicht als Hochrisikoeingriff anzusehen. Man hätte deshalb vor der Untersuchung klären müssen, ob die Patientin überhaupt die Haupt-OP hätte durchführen lassen. Nur wenn nach ordnungsgemäßer Aufklärung die Haupt-OP vom Patienten gewünscht werde, sei die vorherige Herzkatheter-Untersuchung sinnvoll durchzuführen. Der Patientin hätte vorher in jedem Fall erklärt werden müssen, dass die Herzkatheter-Untersuchung nur dann sinnvoll ist, wenn sie jedenfalls in Erwägung ziehe, danach auch die Clip-OP durchführen zu lassen. Anderenfalls hätte man ihr deutlich vor Augen führen müssen, dass sie letztendlich keine andere Behandlungsoption mehr habe, um ihren Zustand verbessern. Man hätte nur noch entwässern und Medikamente geben können und palliative Ansätze wählen.
Zu den postoperativen Komplikationen hat der Sachverständige dargestellt, dass die Anlage eines Druckverbandes aufgrund der starken Blutung allein nicht ausreichend gewesen sei. Dadurch habe nicht verhindert werden können, dass die Blutung nach innen persistiere. Deshalb sei es auch trotz des Druckverbandes postoperativ geboten gewesen, die entsprechende CT-Untersuchung durchzuführen. Nach dem Ergebnis der Erkenntnisse aus der CT-Untersuchung, und zwar schnellstmöglich, wäre der gefäßchirurgische Eingriff die einzig mögliche Reaktionsmöglichkeit gewesen.
Nach richterlichem Hinweis auf mögliche Aufklärungsversäumnisse und zeitliche Versäumnisse im postoperativen Bereich hat das Gericht vorgeschlagen, sich insgesamt auf einen Betrag von 10.000 Euro für Beerdigungskosten und Hinterbliebenengeld zu einigen, um eine weitere Beweisaufnahme und eine zweite Instanz zu vermeiden.
(Landgericht Dortmund, Vergleich vom 15.05.2025, AZ: 12 O 302/23) Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht & Verkehrsrecht |